28. Prämierungsrunde des Pegasus-Leserpreises im Herbst 2017

Goldener Lufti - Marie Lu: Young Elites

Jurybegründung:

„Manche hassen uns wie Verbrecher, die es zu hängen gilt. Manche fürchten uns wie Dämonen, die es zu verbrennen gilt. Manche verehren uns wie Kinder der Götter. Aber ein jeder kennt uns.“

Die 17-jährige Adelina Amouteru wurde mit drei Jahren Opfer des schrecklichen Blutfiebers. Seitdem ist ihr Gesicht entstellt und sie wird als „Malfetto“ beschimpft. Ihr Vater behandelt sie schlecht und als sie eines Tages flieht, nimmt ihr Leben eine ungeahnte Wendung. Sie wird von der sogenannten „Elite der Begabten“, einer Gruppe aus Malfettos, vor der Inquisition gerettet. Von nun an muss sie sich der Elite als würdig erweisen und nebenbei noch ihre Gefühle für den Anführer und verstoßenen Prinzen Enzo ignorieren.

Es ist in Jugendbüchern eher ungewöhnlich, dass die Protagonistin keine Heldin ist, sondern ihre Fehler hat. Dadurch ist es zwar schwerer, sie zu mögen, aber es lässt sie sehr realistisch und menschlich wirken. Ihre Charakterzüge werden durch Rück­blenden erzählt, die vor allem das Verhältnis zu ihrer Schwester und ihrem Vater, der seine Töchter stark ausnutzt, verdeutlichen. Erstaunlicherweise ist es der Autorin gelungen, die Rückblenden so einzufügen, dass sie die Handlung in ihrer Spannung nicht abfallen lassen. Die Erinnerungen der Protagonistin spielen auf ihre Kindheit an und erklären ihre Handlungsmotive.

Jedes Mitglied der Elite hat eine bestimmte Gabe. Adelina kann Illusionen erschaffen, was ihr anfangs nicht leicht fällt. Mit viel Training wird sie besser und besser. Allerdings hat sie große Probleme, mit ihrem Charakter und ihren Gefühlen klarzukommen. Dass Enzo ständig in ihrer Nähe ist, macht das Ganze nicht gerade einfacher.

Der unvorhersehbare und emotionale Schluss macht Lust, die Fortsetzung sofort lesen zu wollen.

Alles in allem ist es ein sehr interessantes und gelungenes Buch, das den Goldenen Lufti redlich verdient hat.

Silberner Lufti - Ursula Poznanski: Elanus

Jurybegründung:

Der siebzehnjährige Jona besitzt eine Hochbegabung, durch die er seinen Altersgenossen etwas voraus ist. Allerdings ist er dadurch auch sehr von sich selbst überzeugt und macht sich durch unverhohlene Überheblichkeit recht unbeliebt. Die Art und Weise, wie Jona mit dem Missmut seiner Mitmenschen umgeht, ist auch recht eigen: Er spioniert sie mit seiner selbst gebastelten Drohne aus. Mit einem speziellen Handyvirus ist er in der Lage, jedes beliebige Handy aufzuspüren. Doch bei einem seiner Rundflüge entdeckt Jona etwas, was besser im Verborgenen geblieben wäre, und Jona nun, durch sein Mitwissen, in tödliche Gefahr bringt.

Die Geschichte beginnt diesmal recht langsam und lässt uns Zeit, um in das Geschehen hineinzufinden, was manchmal auf Grund des doch schon fiesen Charakters Jonas nicht immer so leicht fällt. Anders als andere Bücher von Ursula Poznanski hat man hier zu Beginn ein eher schleppendes Lesegefühl. Bis zur Hälfte des Romans passiert kaum etwas und mit Jonas herbeifantasierten Fehldeutungen versucht die Autorin krampfhaft Spannung aufzubauen. Jona ist zwar ein junger Student in einer ihm fremden Stadt, in der er noch keine Kontakte geknüpft hat. Doch gleich paranoid werden, wegen ein paar unzusammenhängenden Wortfetzen? Das widerspricht der behaupteten Hochbegabung.

Erst ab der zweiten Hälfte ist der bewährte Schreibstil Ursula Poznanskis zu erkennen. Auch wenn die Kapitel durchweg flüssig zu lesen waren, erhält der Text nun auch wieder die übliche Spannung, die wir aus ihren anderen Büchern kennen. Jona macht ebenfalls eine Kehrtwende in der Charakterentwicklung und wird dem Leser vielmehr sympathisch. Was das ganze Lesevergnügen um einiges erhöht.

Überwachung, Drohnen und dunkle Geheimnisse sind gute Themen für einen Jugendthriller. Auch wenn die Konstruktion dieses Kleinstadtkomplottes manchmal zu überdreht scheint, vergeben wir an Elanus den Silbernen Lufti.

Bronzener Lufti - Sarah Alderson: Keep me safe

Jurybegründung:

„Um zu überleben, muss sie seine Nähe suchen.
Um sie zu beschützen, darf er sie nicht an sich heranlassen.“
 

Der Mord an Familie Cooper ist weltbekannt und auch drei Jahre später lebt eine der zwei Überlebenden, die damals 15 jährige Nic, in ständiger Angst, dass die Mörder von damals zurückkehren könnten. Als dies dann tatsächlich passiert, flieht Nic Hals über Kopf mit dem attraktiven aber auch geheimnisvollen Finn Carter, für den sie langsam aber sicher Gefühle entwickelt. Doch diese Gefühle dürfen nicht sein, auch wenn Finn sie erwidert.

Sarah Alderson hat mit „Keep me safe“ eine sehr überzeugende Story auf die Beine gestellt. Ab und zu scheinen Beschreibungen überflüssig. Insgesamt ist es ein kurzweiliges, spannendes Buch für zwischendurch. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Nic und Finn erzählt, weshalb man sich gut in beide hineinversetzen kann. Zu bemängeln haben wir, dass Finn etwas zu perfekt dargestellt wird. Das Buch macht Lust aufs Lesen.

Lauer Lufti - Thomas Thiemeyer: Evolution - Die Stadt der Überlebenden

Jurybegündung:

Die heutige Gesellschaft erwartet von der Zukunft viele neue Errungenschaften in der Technik, Wohlstand und Globalisierung. In seinem Buch „Evolution – die Stadt der Überlebenden“ schildert Thomas Thiemeyer eine Welt, wie wir sie in unseren schlimmsten Albträumen nicht erleben. Als eine Austauschgruppe in die USA fliegt, geraten sie in Probleme und müssen in Denver notlanden. Doch statt des Denver Flughafens ihrer Zeit finden sie den im Jahr 2235 vor. Sie müssen versuchen in einer von Pflanzen und Tieren beherrschten Welt den Rest der Menschheit zu finden und, was viel wichtiger ist, zu überleben.

Auf den ersten Blick sieht das Buch aus wie eine der vielen Dystopien, die auf den Markt gebracht werden. Auch der Anfang ist dem Autor nicht sonderlich gut gelungen: er wirkt unrealistisch. Ein weiterer Minuspunkt ist, dass die Teilnehmer der Austauschgruppe so modifiziert und mit Fähigkeiten vollgepumpt wurden, dass sie allen aufkommenden Situationen perfekt gewachsen sind und sie mit Leichtigkeit bewältigen. Ihre überragenden Kenntnisse machen es dem Leser schwer, mit ihnen warm zu werden und sie zu verstehen. Die einzigen Personen, die nicht künstlich wirken, sind die beiden Protagonisten Jem und Lucie. Doch auch sie begehen, so wie alle anderen Personen Taten, die nicht nachvollziehbar sind und während des Lesens Kritik und Zweifel hervorrufen. Was das Buch allerdings interessant macht, sind der spannende und detailreiche Schreibstil des Autors und die Begründung für die Weltveränderung. Die Zukunftsvision beruht hier nicht auf höheren, aus dem Weltall kommenden Lebensformen, sondern auf Kreaturen, die der Tiefe der Erde selbst entsprangen.