27. Prämierungsrunde des Pegasus-Leserpreises im Frühling 2017

Goldener Lufti - Virginia Boecker: Witch Hunter

Jurybegründung:

„Ich weiß nicht, was genau sie verbrochen haben; ich habe sie nicht selbst verhaftet. Aber ich weiß dass es keine Ausflüchte und Entschuldigungen von ihnen geben wird.“

Obwohl man es der 16-jährigen Elizabeth Grey nicht ansieht, handelt es sich bei ihr um eine der gefährlichsten Hexenjägerinnen des Landes. Gesteuert von ihrem Mentor Blackwell, jagt sie mit Caleb Hexen und Hexenmeister. Doch als bei ihr Kräuter gefunden werden, die sie schützen sollen, wird sie selbst der Hexerei beschuldigt und zum Tode verurteilt. Doch dank einer Prophezeiung erhält sie Hilfe aus unerwarteter Richtung.

Boeckers Schreibstil vermittelt dem Leser zu Beginn einen klaren Eindruck von ihren Charakteren, die oft sehr sympathisch dargestellt werden. Da bei Witch Hunter keine vollkommen fremde Welt entwickelt wird, ist der Roman sehr zugänglich. Die sehr solide und spannungsreiche Handlung ist gepaart mit einem gelungenen Erzählfluss. Die Autorin zieht den Spannungsbogen geschickt auf, sodass der Leser über das gesamte Buch hinweg mitfiebert.

Die starke Entwicklung, die Elizabeth zudem im Verlauf der Handlung durchmacht, lässt sie als Protagonistin wachsen und glaubwürdig erscheinen. Die Zweifel, die sie immer wieder zum Ausdruck bringt, wirken sehr menschlich und helfen dem Leser sich mit ihr zu identifizieren.

Alles in allem gelingt es Virginia Boecker mit „Witch Hunter“ den spannungsreichen Beginn ihrer Buchreihe zu etablieren und sich durch ihren packenden Schreibstil hervorzutun: der Goldene Lufti ist voll und ganz verdient.

Silberner Lufti - Shelley Coriell: Heartbeats - Meine Zeit mit Dir

Jurybegründung:

Was machst du, wenn im Leben gerade alles so richtig schief läuft? Dich in deinem Zimmer verkriechen und weinen? Nimm dir doch lieber ein Beispiel an Chloe.

Gerade war sie noch eines der beliebtesten Mädchen an ihrer Highschool, hatte geniale beste Freundinnen und war immer gut gelaunt, und plötzlich – BAAM – ist sie der totale Außenseiter, gemieden und geächtet von allen. Um das abzurunden hat sie auch noch einen Haufen Probleme Zuhause und wird gezwungen, sich für das kränkelnde Schulradio einzusetzen. Doch sie gibt nicht auf. Voller Optimismus beginnt sie ihre Probleme zu lösen und ist am Ende nicht nur reifer geworden, sondern hat auch noch einen super Boyfriend an Land gezogen.

Diese optimistische Art der Hauptfigur hat dem gesamten Buch eine spezielle Würze verliehen und sie sehr liebenswürdig gemacht, auch wenn es dem Leser manchmal etwas zu viel werden konnte. Es gibt auch keine langen Trauerphasen, in denen sich die Protagonistin lang und breit mit sich selbst auseinander setzt, stattdessen geht Chloe mit Witz und Elan direkt zur Tat über. Fragen und Probleme, die im Verlauf der Handlung auftauchen, hat Shelley Coriell nicht sofort aufgelöst, so dass der Leser mitfiebern kann und das Buch trotz des Fehlens von Action spannend ist und eine ganz eigene Art von Sog entwickelt. Ein weiterer guter Punkt ist, dass ausnahmsweise keine Entwicklung vom hässlichen Entlein zum Schwan erfolgt, sondern andersherum. Die Autorin zeigt, wie ein populäres Mädchen dazu gebracht wird, seine Art und Weise in Frage zu stellen und sich zu ändern. Chloe sowie diejenigen, mit denen sie am meisten zu tun hat, haben eine enorme Charaktertiefe und handeln durchgängig für den Leser verständlich, während andere Figuren meist nur oberflächlich beschrieben sind. Die Sprache ist perfekt auf Jugendliche abgestimmt, die gerne leichte Geschichten lesen – sehr humorvoll, abwechslungsreich und gefühlvoll.

„Heartbeats“ ist aufgrund seiner Sprache und der lockeren Handlung, die zum Ende hin etwas ernster wird, ein sehr gutes Werk der Autorin Shelley Coriell: ein würdiger Silberner Lufti.

Bronzener Lufti - Helen Maslin: Darkmere Summer

Jurybegründung:

Sommer, Sonne – und ein Fluch. Kate hatte die Einladung auf das alte Schloss nur angenommen, um ihre Sommerferien mit Leo zu verbringen. Doch Darkmere scheint die Stimmung seltsam zu trüben. Im Schloss kommen die dunkelsten Seiten in ihren Freunden zum Vorschein. Während diese sich entweder streiten oder betrinken, stellt sich Kate nur eine Frage: Ist das Schloss wirklich verflucht? Als Kate Nachforschungen über das Schloss und seine Vergangenheit anstellt, stößt sie dabei auf das Tagebuch von Elinor. Ein Mädchen, das 1825 in Darkmere nichts als Elend und Verzweiflung fand.

Helen Maslin schreibt leicht, angenehm und spürbar für junge Leser. Die Geschichte besteht aus zwei Handlungssträngen. Die Erzähler sind Elinor und Kate. In den ersten 120 Seiten wird man einfach mitgerissen. Doch schon bald beginnt Kates Erzählung schlechte Freundschaften, Drogenkonsum und ein Übermaß von Alkohol zu verharmlosen. Die anfangs so vielversprechenden Kapitel von Kate werden immer störender und unterbrechen nur die eigentlich interessante Handlung.

Die Geschichte des Schlosses und damit auch Elinors Geschichte behält allerdings ihre Authentizität. Sie erzählt von den früheren Bewohnern des Schlosses und was Elinor mehr als nur Schreckliches widerfahren ist. Die Erzählung treibt immer wieder zum Lesen an und belohnt mit plausiblen Erklärungen für allerlei Mysterien, die in Kates Handlungsstrang auftreten.

Die Beziehung, die der Leser zu Elinor aufbaut, wird immer intensiver und er wünscht ihr, dass sie irgendwie ihrem Schicksal entkommt. Kate und ihre Liebesgeschichte hingegen scheint nur so vor Klischees zu triefen. In den letzten 80 Seiten versucht Helen Maslin, den Jugendlichen noch irgendwelche Charaktereigenschaften mitzugeben. Leider etwas zu spät, um auch für sie Mitleid zu empfinden.

Insgesamt ist „Darkmere Summer“ ein leicht zu lesendes Jugendbuch, das mit einer authentischen Vergangenheitsebene strahlen kann und viel Potenzial in der Gegenwartshandlung verschenkt. Darum erhält „Darkmere Summer“ den Bronzenen Lufti.

Lauer Lufti - Mats Wahl: Sturmland - Die Reiter

Jurybegündung:

Schweden in nicht allzu ferner Zukunft: Durch den massiven Klimawandel wird die Erde nun von unvorhersehbaren Stürmen gepeinigt. Auf den Rat der Regierung hin sind die meisten Menschen in die Stadt gezogen. Nur noch wenige Familien sind auf dem Land zurückgeblieben und bieten den Katastrophen weiterhin die Stirn. So auch die Familie der 16-jährigen Elin. Als eine Familienfehde eskaliert, wird ihr Bruder Vagn entführt und Elin begibt sich auf eine risikoreiche Rettungsmission.

"Sturmland – Die Reiter" ist der erste Band einer dystopischen Reihe von Mats Wahl. Das auffallend grüne Cover sowie der Klappentext verführten zum Lesen. Doch leider kann der Roman nicht immer zum Weiterlesen animieren.

Die Geschichte hält sich nicht mit langen Vorreden auf. Man ist direkt mittendrin im zerstörten Schweden. Dieser rasante Einstieg ist leider nur mit wenigen Informationen über die dystopische Welt geschmückt. Es ist ein großes Vorstellungsvermögen nötig, um die beschriebenen Notlagen und Neuheiten nachzuvollziehen. Die Geschwindigkeit bleibt über den ganzen Roman hinweg bestehen und es passiert sehr viel auf nur wenigen Seiten. Selbst eine unglaubwürdige Romanze, die ebenso schnell beendet wird, wie sie begonnen hat.

Das Ganze lässt einen aber eher kalt aufgrund der trockenen, nahezu emotionslosen Erzählung. Diese mag zwar zum Setting passen, ist aber sehr gewöhnungsbedürftig und sorgt für eine große Distanz zwischen Erzähler und den handelnden Figuren. Zudem ist es schwer möglich eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen.

Sturmland ist für uns kein gelungenes Buch. Weder die Charakterisierung noch der Schreibstil sind besonders überzeugend. Nur die ungewöhnliche schwedische Kulisse der Handlung weist gute Ansätze auf. Darum erhält "Sturmland – Die Reiter" leider nur den Lauen Lufti.